Meine Arminia

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    Die Fan-Kolumne von Philipp Köster


    Bielefeld. Das wäre mal eine pfiffige Geschäftsidee: ein Adventskalender für die Winterpause. Dann würden wir nämlich heute aufgeregt das vorletzte Türchen öffnen und mit erhitzten Wangen singen: „Einmal werden wir noch wach, dann ist erster Rückrundenspieltag“". Passt zwar vom Versmaß her nicht, wird aber auch Zeit, denn die Winterpause zog sich am Ende dann doch wie ein Kaugummi unter der Schulbank. Uns war die ganze Zeit schrecklich langweilig, wir trabten daheim unlustig zwischen Stecktabelle und dem Spielplan hin und her, auf dem wir natürlich längst die ganze Rückrunde für Arminia mehrfach durchgetippt hatten. Im Laufe des Januars wurden die Siege gegen Bayern München dann zwangsläufig immer höher, mittlerweile steht ein auch in der Höhe verdientes 5:1 auf dem Tippzettel, mit lupenreinem Hattrick von Momo Diabang.
    Zwischendurch lugten wir dann immer mal wieder in die Zeitung, hoffend auf sensationelle Blitztransfers und kleine Skandale im Trainingslager. Aber Pustekuchen, die Spieler hatten mal wieder Besseres vor, als sich mit aneinander geknoteten Bettlaken aus dem Hotelzimmer in den Mädchentrakt abzuseilen, um dort vom Wachschutz aufgegriffen zu werden. Und natürlich wurde kein wohlklingender Brasilianer verpflichtet, sondern Marek Heinz vom HSV, der nach Auskunft eines befreundeten Hamburgers „aus drei Metern kein Möbelhaus“ trifft. Ich bin da weniger skeptisch, denn schließlich trifft er gleich zweimal gegen die Bayern. Steht jedenfalls so auf meinem Tippzettel.

  • Solche ähnlichen entfernt verwandten Tippspiele hab ich vor Jahren auch noch so nebenbei mal gemacht. Hab mir dann so 16 Mannschaften rausgesucht, natürlich mit unserer Arminia. Hab die alle in 4 Gruppen eingeteilt und gewürfelt. Ohne zu mogeln oder zu verändern hat da meistens Arminia gewonnen, oder ist zumindest bis ins Finale gekommen. Ob das vielleicht irgendein Omen ist? Wird allerdings eher Zufall gewesen sein. ;)

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    Die Fan-Kolumne von Philipp Köster



    Meine Arminia 
    Uns Fußballfans wird ja oft vorgeworfen, wir seien allzu parteiisch, hätten stets die blau getönte Vereinsbrille auf und würden selbst bei eingesprungenen Blutgrätschen von hinten in die Beine des Gegners noch reklamieren: „Ganz klar den Ball gespielt.“
    Hin und wieder stimmt das sicherlich, beispielsweise als einst Michael Sternkopf weit entfernt von jedem Gegenspieler im Strafraum über seine Füße stolperte und wir anschließend auch unter Eid geschworen hätten: „Richtig vom Schiedsrichter gesehen, ein glasklarer Elfer“. Aber wir bemühen uns um Objektivität. Zuletzt am Samstag in Bremen. Da saßen wir auf der Tribüne, um uns herum nur Bremer Zuschauer mit grün-weißen Bommelmützen. Das Spiel begann und wir sahen einstweilen wenig Grund am Schiedsrichter herumzumäkeln. Dann aber plumpste Bremens Ailton im Strafraum zu Boden, angeblich von Arminias Keeper Hain gefällt. Wir sprangen sofort von unseren Sitzen auf und geiferten im Chor. „Klare Schwalbe, der Strolch simuliert“ und was man halt so ruft, wenn man nach allen Regeln der Kunst von ausgebufften Trickbetrügern aufs Kreuz gelegt wird.


    Gottlob traf Doktor Cha dann noch und wir verstrickten uns in erhitzte Debatten mit den Einheimischen. Ein ausgeglichenes Chancenverhältnis hatten wir ganz objektiv nach dem Schlusspfiff ausgemacht, vielleicht ein leichtes Übergewicht für Arminia.


    Am nächsten Morgen schlugen wir neugierig die Zeitung auf. Elf zu drei Chancen für Bremen hatte die Presse notiert. Und das Foul an Ailton? Klarer Strafstoß. Hüstel. Aber so in etwa hatten wir das ja Samstag auch formuliert.

  • Die Fan-Kolumne von Philipp Köster 


    Die Woche vor dem Bayern-Spiel war eine große Woche für Dauerkartenbesitzer. Endlich einmal konnten sie das Jahresticket lässig aus dem Geldbeutel ziehen wie andere ihre goldene Kreditkarte, aller Sorgen um eine Eintrittskarte gegen die Bayern ledig. Wir hingegen machten uns Sorgen – und was für welche. Nur noch fünf Tage bis zum Spiel waren es am Ende und noch immer kein Königsweg zum Ticket in Sicht. Wir wägten also ab. Einen vollen Urlaubstag opfern und sich in den wartenden Lindwurm vor der Geschäftsstelle einreihen, um dann vom Personal barsch mitgeteilt zu bekommen, dass nur noch Plätze mit zweihundertprozentiger Sichtbehinderung direkt hinter den Trainerbänken erhältlich sind? Oder auf den Arbeitskollegen vertrauen, der großspurig verkündet, er kenne da einen, der einen kennt, der Karten besorgen kann. Leider aber Karten für eine längst nicht ausverkaufte Aufführung der Theater-AG der Gesamtschule Schildesche.
    Blieb also nur noch die Ersteigerung der Karten im Internet. Hastig wählten wir uns ein und boten flächendeckend mit. Für sieben sündhaft teure Tribünenkarten und drei Stehplätze. Natürlich simultan, denn alte Hasen wissen, neunzig Prozent der Auktionen gehen verloren. Am Ende hatten wir alten Hasen immerhin vier Tribünenkarten und zwei Stehplätze ersteigert. Los geworden sind wir noch die beiden Stehplätze. Nächstes Jahr dann doch lieber eine Dauerkarte. ´ Philipp Köster (30), Redakteur des Fan-Magazins 11 Freunde, schreibt seit Rückrundenbeginn vor jedem Arminen-Spiel an dieser Stelle.


    NW 070203

  • Ich habe zwar keine Ahnung, was der Thread mit dieser Kolumne ausgerechnet in diesem Forum zu suchen hat, aber sei's drum... auf jeden Fall eine sehr schöne Geschichte. :)


    Gruß
    Hein M


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    Meine Arminia
    Die Fan-Kolumne von Philipp Köster 


    Was ist eigentlich Vereinstreue, fragen wir uns manchmal. Seit zehn Jahren kein Heimspiel mehr verpasst und sogar die eigene Silberhochzeit für ein Auswärtsspiel in Beckum sausen gelassen? Auf der Arbeit stets die Kaffeetasse mit Arminia-Wappen dabei, obwohl der Vorgesetzte einen deshalb schon für einen spleenigen Außenseiter hält?

    Oder gegen den erbitterten Widerstand des Standesbeamten und der eigenen Ehefrau den Erstnamen „Arminia“ für die jüngst geborene Tochter durchgeboxt? Alles hübsche Zeugnisse der Standhaftigkeit, aber nichts gegen die krisenfeste Treue eines Arminia-Fans aus Ost-Berlin. Der war vor zwanzig Jahren mit anderen Fußballfans in der DDR-Reichsbahn unterwegs. Plötzlich entdeckte einer in der Hutablage ein Bundesliga-Jahresheft mit allen Mannschaften. Großes Hallo, Westliteratur. Flugs wurden die Westteams an die Waggoninsassen verteilt, nach Statur und Gewicht, der Stärkste bekam den FC Bayern, sein Kumpel den damals topmodischen HSV.


    Am Ende blieben der MSV Duisburg und Arminia übrig. Unser Freund bewies Stil und Geschmack, entschied sich für Arminia und ist ihr bis heute verbunden. Immer wenn Arminia in Berlin spielt, geht er hin. Wegen damals in der Reichsbahn. Echte Vereinstreue eben.


    http://www.nw-news.de

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