"Verliert der Fußball seine Seele? - Fankulturen in Zeiten aktueller Vermarktung"

  • Seit dem 13.November findet hier in Essen in der Zeche Zollverein die Ausstellung „Kultort Stadion“ statt. Im Zuge dieser Ausstellung gibt es auch zwei Podiumsdisskussionen in der VHS in Essen. Eine ist am 9. Dezember und die andere war gestern Abend. Unter dem Motto "Verliert der Fußball seine Seele? - Fankulturen in Zeiten aktueller Vermarktung" diskutierten unter der Moderation von Harald Stenger, Pressesprecher des DFB, Ralf Rangnick, Christian Müller, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga GmbH, DSF-Chefreporter Thomas Hermann, Dieter Meinhold, Vorstands-Vorsitzender des VfL Bochum, Professor Dr. Gunter A. Pilz, wissenschaftlicher Begleiter der Ausstellung „Kultort Stadion“ und der BVB-Fanprojektleiter Rolf Marewski.
    Ich war zwar noch nicht in der Ausstellung, aber die Podiumsdiskission hab ich mir gestern angetan. Ca. 2 ½ Stunden wurde diskutiert, wobei auch die ungefähr 60 Zuschauer, Fragen stellen und Kritik äußern durften. Einige Inhalte möchte ich nur kurz zusammenfassen:
    Ralf Rangnick stellte fest, dass der Fußball bezüglich der Fankulturen von vor 20/30 Jahren bis jetzt sicherlich einen Wandel vollzogen hat und der Kommerz zunehmend größeren Stellenwert erhält, dass allerdings, und das sei durch den Neubau vieler Stadien zu erkennen, dieser Spagat dadurch gemeistert würde, dass man sowohl Business-Seats und Logen als auch Stehplätze für den originären Fan in die Stadionplanung mit einbezogen hätte. Sicherlich sei auch nicht zu verkennen, dass das Fernsehen einen großen, wenn nicht sogar den größten Anteil an der Komerzialisierung hätte, dass allerdings die Fans bestimmt auch dafür wären den ein oder andern Star zu kaufen, der einem Verein nur duch die Mehreinnahmen durch das Fernsehen möglich ist.
    Gunter Pilz verglich die deutsche Fankultur mit der englischen und lobte dort die Nähe der Spieler zu den Fans. Das was in Bielefeld relativ regelmäßig stattfindet, dass Spieler zu Fanclub-Sitzungen „beordert“ werden und das Spieler Schulen besuchen ist anscheinend nicht Gang und Gäbe hier in Deutschland. In England opfern die Spieler wohl deutlich mehr Zeit für die Fans, um zu zeigen wie wichtig diese für den Fußball sind.
    Dieter Meinhold fiel dadurch negativ auf, dass er die Fans nicht als Fans sondern schlichtweg als Kunden titulierte. Auch auf die Anmerkung aus dem Publikum hin, dass weder in Schalke, noch in Dortmund und, so die Meinung eines Zuschauers, sicherlich auch nicht durch die Person Peter Neururer der Fan als Kunde bezeichnet werden würde, versuchte Herr Meinhold durch den fadenscheinigen Satz „Verstehen Sie mich nicht falsch, für mich ist der Kunde König.“ die Wogen zu glätten. Seinen Kredit, falls er jemals vorhanden war, hatte er allerdings bei den Zuschauern verspielt, zeigt seine Bezeichnung Kunde doch all zu sehr, dass er den Fan als nicht ganz so wichtig erachtet, sondern nur auf die Kohle schielt, die die „Kunden“ ins Stadion tragen, um den Eintritt zu bezahlen, sich 'ne Bratwurst und 'n Schal zu kaufen und fertig.
    Der nächste, der negativ auffiel ließ nicht lange auf sich warten. Christian Müller, der Geschäftsführer der DFL, wollte auf eine Anmerkung aus dem Publikum, die die Fans in Fans und Modefans einteilte (ein Phänomen, was wir in Bielefeld nur zu gut kennen) reagieren und offenbarte, dass er gar keine Ahnung hatte was Modefans sind. Er meinte, die Tatsache, dass er und sein Vater auch traurig seien, wenn ihr Lieblingsverein verliere, sie aber aus Zeitgründen keine weiten, ich schätze eher gar keine, Auswärtsfahrten besuchen könnten, dürfte sie noch lange nicht zu Modefans machen. Bezüglich dieser Tatsache wurde er dann von einem Zuschauer zu Recht gewiesen.
    Thomas Hermann traute sich, sich zu „outen“. Er sagte er sei sowohl Fan vom FC Bayern München, als auch von 1860. Die Frechheit war, dass er sich auch noch wunderte, hierdurch auf Widerstand zu stoßen. Als er uns alle fragte, ob wir uns denn freuen würden, wenn die Bayern in der Champions-League verlieren und aus 60 Kehlen ein lautes „Jaaa“ ertönte erkannte er den Unterschied. Letztendlich räumte er ein, Fußball-Fan zu sein, aber kein wirklicher Vereins-Fan, obwohl er es nicht wirklich nachvollziehen konnte, warum man nur Fan eines Vereines ist.
    Rolf Marewskis Konsens war, dass der Fußball mehr und mehr zur Ware wird und der Fan dadurch immer mehr als Kunde, wie es ja auch schon Dieter Meinhold getan hatte, bezeichnet werden kann. Marewski bezog sich hierbei auf Dr. Gerd Niebaum, der nur noch versucht hat, die Ware Fußball an den Mann zu bringen und dem Sponsoren wohl wichtiger waren, als die Fans. Insgesamt müsse man darauf achten, dass die Spieler und Verantwortlichen wieder eine Beziehung zu den Fans aufbauen und somit von Vereinsseite demonstriert wird, welch großen Stellenwert die Fans haben.
    Ralf Rangnick fragte in seinem Schlusssatz kopfschüttelnd, wie weit der Fußball gekommen sei, wenn ein Großfunktionär, der mit Fußball nichts am Hut hat (Homm), über den Kopf des Präsidiums hinweg den Rausschmiss des aktuellen Trainers fordert und der Zeitung gegenüber einen Mann wie Rapolder ins Gespräch bringt. Rangnick fand es zum Kotzen, dass Homm durch diese Aussage nicht nur in den Verein Borussia Dortmund, sondern auch in den Verein Arminia Bielefeld unheimlich viel Unruhe bringen kann. Diesen Schlusssatz von Rangnick fand ich sehr sympatisch.


    Da die Podiumsdisskussion wie gesagt 2 ½ Stunden dauerte, gab es natürlich noch viel mehr, was gesagt und diskutiert wurde, allerdings find ich reicht das erst mal.
    Evtl. habt ihr ja Lust, die Ausstellung „Kultort Stadion“ zu besuchen. Sie dauert noch bis zum 19. Dezember und ist von Montags bis Samstags 10-18 Uhr und Sonntags von 11-17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Ich kann auch gerne, wenn ich da war, berichten oder aber ihr schaut einfach mal unter http://www.dfb.de/news/display…&anfrage=&kat=news&navig= oder Ähnlichem.


    swb Gruß linke Klebe

    Wir sind die Bielefelder und bilden uns was ein, es kann nicht jedes Arschloch ein Bielefelder sein

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