Ein Adler, der sich in Bruchlandungen auskennt

  • Ein Adler, der sich in Bruchlandungen auskennt :lol:


    Resignation an der Hammer Straße. Wieder einmal. Die Mannschaft, der noch Mitte der 90er Ambitionen auf die 2. Liga zugeschrieben wurden, findet sich vielleicht schon bald in der 4. Liga wieder. Das Stadion: kaputt. Die einstigen Rivalen: enteilt . Der Etat: winzig. Die nahe Zukunft: düster.




    Auf der Alm und an der Bremer Brücke ist Preußen Münster immer noch ein Thema. Über nichts lacht man im Bielefelder bzw. Osnabrücker Fanblock lauter als über Preußen Münsters Niederlagen. Bielefeld/Osnabrück vs. Münster. Solche Spiele sind, pardon: waren, traditionell "großes Kino".




    Genau wie Köln gegen Düsseldorf. Aber auch deren nächste Duelle werden noch lange auf sich warten lassen, nun da den FC und die Fortuna schon vier Ligen trennen. (In Kölner S-Bahnen schimpfen sie trotzdem noch auf die Fortuna.)




    Preußen Münster – und das gilt heute wie vor acht Jahren, als Bielefelds Aufstieg begann – hat wirklich nicht mehr die Kragenweite der Arminia. Einen Teil des Spotts aus Ost-Westfalen haben sich die Münsteraner allerdings redlich verdient. Gerade in diesen Tagen schreiben sie wieder besonders fleißig an einem neuen unglückseligen Kapitel. Das "P" im Preußenadler steht (mal wieder) für Pleiten, Pech und Pannen.




    Mit den Koten auf der Straße gebolzt


    Was also hält die Jungen und die Alten an der Seite eines Vereins, der seine Fans nun schon jahrelang kontinuierlich nervlich bis ans Äußerste reizt? Die Erinnerung? Die lebendige Erinnerung an bessere Zeiten der Münsteraner ist mittlerweile 76 Jahre alt. "Fiffi" Gerritzen schaut sich auch in dieser Saison regelmäßig die Auftritte "seines" Vereins im Preußenstadion an. Gerritzen, ein ebenso freundlicher wie höflicher Mann, der trotz dreier Pleiten in vier Heimspielen die gute Laune auch in dieser Saison nicht zu verlieren scheint.




    Immer wieder wird er in Münster gefragt, nach den alten Zeiten, nach dem Endspiel in Berlin um die Deutsche Meisterschaft, das er mit Münster 1951 vor über 100.000 Zuschauern gegen Fritz Walters 1. FCK verlor. Dann berichtet er von einer Zeit, in der Nationalspieler das Trikot von Preußen Münster trugen. Eine Zeit, in der Preußen Münster sich nationalen Ruhm verschaffte. Ruhm, dessen kümmerliche Reste längst im Tabellenkeller der Regionalliga eine dicke Staubschicht angesetzt haben. (Just teilte Günter Jauch einem Millionenpublikum bei "Wer wird Millionär?" mit, dass Preußen Münster als Gründungsmitglied der Bundesliga abstieg und nie mehr zurückkam. Es gibt Leute, die haben sich danach gefreut, dass der Klub mal wieder breite öffentliche Erwähnung fand...)




    "Einmal kam ich nach einem Länderspiel nach Hause, da lag ein Zettel auf meinem Tisch, dass die Koten [westfälisch für kleine Kinder] unten auf der Straße ein Turnier veranstalten. Da bin ich runter und hab mit denen noch gebolzt. Ja, wo gibt’s das denn heute noch!?", fragte Gerritzen mal. Nirgends. Auch wenn man beim Rundblick durch das Stadion an der Hammer Straße glauben mag, dass in Münster die Zeit stehen geblieben ist.




    Das Stadion ist immer noch das aus dem Bundesliga-Gründungsjahr. Uwe Seeler war damals mit seinem HSV als erster Saison-Gegner zu Gast. "Großes Kino" gab es auf dieser ehemaligen Bundesliga-Bühne aber schon lange nicht mehr. So wie 1989/90, als Münster als einziges Team beide Spiele gegen Schalke 04 in der 2. Liga gewann; als beim Heimspiel gegen die Schalker das Stadion fast explodierte, so viele Zuschauer quetschten sich hinein. Am letzten Samstag kamen 2100 Besucher. Und die werden ihr Kommen mehrheitlich bitter bereut haben.




    Das letzte – soll man es "Highlight" nennen – bestaunten die Münsteraner Fußballfans, als Rot-Weiß Essen 2002 in letzter Minute den Aufstieg in Münster verpasste. 300 der 8000 anwesenden Essener demolierten danach das halbe Stadion.




    Experimentierfeld der Bundesligisten


    HSV Amateure, Schalke 04 Amateure, Borussia Dortmund Amateure, 1. FC Köln Amateure und Werder Bremen Amateure. Auch das ist die Regionalliga. Ein Experimentierfeld der Bundesligaklubs. Die testen dort eifrig ihre Perspektivspieler und parken formschwache Bundesligakicker. In Heimspielen vor selten mehr als 1000 Zuschauern auf irgendwelchen Nebenplätzen. In solchen Momenten wird einem der Abstieg Preußen Münsters erst richtig bewusst. Einzig die Tatsache, dass man sich mit Eintracht Braunschweig, Rot-Weiß Essen oder jetzt auch St. Pauli in bester (Leidens-)Gesellschaft befindet, sorgt für Ablenkung.




    Bielefeld mag als Fahrstuhlmannschaft, die zwischen den beiden Bundesligen hin- und herfährt, verschrien sein. Aber was mögen manche, die Woche für Woche mit den Preußen fiebern, drum geben, einmal einen tiefen Zug von der "Höhenluft" zu inhalieren, die die Alm umgibt!? Die Bundesliga. Auch wenn´s "nur" die Zweite ist. Manch einer würde wohl seine Seele beim Teufel verhökern für ein Jahr 2. Bundesliga. Endlich wieder in aller Munde, endlich – nach zig-fachen Anläufen – der vielleicht entscheidende Impuls für ein neues Stadion. Endlich die Aussicht, sich ein Stückchen vom Renommee eines Traditionsklubs zurück zu holen. Endlich die Chance, sich in Liga und Pokal mit Gegnern zu messen, die viel eher zur (verstaubten) Fußballgröße Preußen Münster passen würden.




    Bruchlandung zum Saisonstart


    Träumereien! Nichts als Träumereien. Angesichts von vier Niederlagen in sieben Spielen hat sicher auch Peter Vollmann seine Einschätzung vom Freitag ("Die Mannschaft hat das Potenzial, am Ende der Saison im oberen Mittelfeld zu stehen.") längst bereut. Das Vorpreschen des ansonsten sehr bedächtigen Trainers verwunderte ohnehin. Schließlich hatte der erst nach der Pleite gegen Dortmunds Amateure im zweiten Saisonheimspiel offiziell den Beginn des Abstiegskampfes eingeläutet.




    Vollmann ist dennoch derjenige, auf den (im Verbund mit dem geschäftsführenden Ex-Trainer Stefan Grädler) der Vorstand setzt. Warum? Sie werden kaum einen Besseren kriegen. Vollmann ist Fußballfachmann durch und durch. Er kennt die Liga (besser als ihm wahrscheinlich lieb ist). Und trotz einer scheppernden Bruchlandung des Preußenadlers zum Saisonstart gibt es keine "Vollmann Raus!"-Rufe im Stadion, und auch die Zeitungsredakteure hauen ihm seine "Oberes Mittelfeld"-Prognose nicht um die Ohren (obwohl sie könnten).




    Trotzdem schleppt der Trainer einen schweren Rucksack mit sich ´rum. Er hat ausreichend Spieler, die – das sagen alle Beteiligten – absolut Regionalliga-Niveau haben. Eine Mannschaft ist aus ihnen noch nicht geworden. Das zeigt sich dem Betrachter spätestens dann, wenn Münster in Rückstand gerät. Dann herrscht Unsicherheit, dann verrennen sich Spieler in Einzelaktionen, dann werden lange Bälle geschlagen, dann werden händeringend Anspielstationen gesucht und nicht gefunden. Sollte Vollmann auf dem Gebiet der Psychologie bewandert sein, dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, diese Kenntnisse anzuwenden. Denn die Mannschaft weiß nicht erst seit der 0:4-Ohrfeige gegen Kölns Amateure, dass es ihr an Rückgrad mangelt, dass sie einknickt wenn hinten der Ball im Netz liegt. (Das 3:1 gegen Leipzig als rühmliche Ausnahme, die die Regel bestätigt.)




    Vorbild Aue


    Wie aber kann aus einem "Abstiegskandidaten Preußen Münster" in absehbarer Zeit der "Aufstiegsaspirant Preußen Münster" werden, den die leidgeprüften Preußen-Fans nach einer ordentlichen Saisonvorbereitung schon insgeheim herbeisehnten?



    Trainer und Geschäftsführer machen einen guten Job. Nach langer Zeit haben sie neue Spieler an die Hammer Straße geholt, die offenbar potenziell weiterhelfen können. Im dahinsiechenden Preußenstadion werden die "Preußen-Macher" Herda und Brück aber so bald keine Etats à la Rot-Weiß Essen auf die Beine stellen. Die absoluten Top-Leute der Liga werden ihre Brötchen also auch künftig nicht in Münster verdienen. Also? Muss ein Wunder her? Ja, so ähnlich. So eins wie im Sommer in Aue. Eine Mannschaft schwimmt auf der Welle der Erfolgs direkt der 2. Liga entgegen. Dass offenbar alle Protagonisten in Aue damals am absoluten Zenit spielten, sieht man an den jetzigen Resultaten. Trotzdem: Aue hat im Sommer u.a. Wattenscheid (mit den Altintops) und Essen hinter sich gelassen.




    Wenige Wochen nach dem Ligastart ist das zarte Pflänzchen der Hoffnung auf einen annähernd positiven Saisonverlauf in Münster längst zertrampelt worden. Peter Vollmann wird versuchen, die Mannschaft mit pragmatischem Fußball in der Liga zu halten.




    Sollten die Preußen jemals wieder um den Aufstieg mitspielen, dann wird es eine ähnliche Geschichte sein, wie sie Aue im Sommer schrieb. Eine Geschichte von einer Mannschaft, die geschlossen über sich hinauswuchs. Denn wenn 2006 die Fußballfans in NRW in den modernsten Stadien der Welt sitzen, dann steht in Münster immer noch die alte Bruchbude, und die potenziellen Stadionbesucher vergnügen sich bei der kickenden Konkurrenz im Umland oder aber begnügen sich mit dem Beklatschen von Marathon-Läufern und Springreitern. Diejenigen, die Woche für Woche zu den Spielen der Preußen pilgern, hätten es verdient, dass dann wenigstens auf dem Rasen des Preußenstadions keine Amateure mehr spielen.




    Aber ohne zu versuchen jetzt krampfhaft im Positiven zu enden: Ihr wisst es doch selbst. Fußball war noch nie gerecht. Und in Münster hat der Fußballgott das letzte Mal vorbeigeschaut, da waren die Bilder im Fernsehen noch schwarz-weiß.




    Ich fand,es ist eine nette Geschichte über diesen S....ssverein!
    Quelle:http://www.blutgraetsche.de

  • Das gibt es nicht, den wollte ich auch gerade posten.


    Trotzdem schön, dass auch uns welche mal beneiden.


    Auch wenn es die unaussprechlichen sind.


    Gruss Domino

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